Was uns 2020 erwartet
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28 January 2020Die URBACT-Programmexperten teilen ihre Überlegungen und Erwartungen zum neuen Jahr
Der Jahresbeginn ist eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken, was das Jahr 2020 für das URBACT-Programm bringt. Die Transfer-Netzwerke haben bereits damit begonnen, erste Ergebnisse zu kommunizieren und die letzte Generation der Aktionsplanungs-Netzwerke steckt mitten in der Umsetzungsphase. Was also erwartet uns 2020? Wir haben die sechs URBACT-Programmexpertinnen und -experten gefragt, was ihnen im neuen Jahr am wichtigsten ist und wo sie ihre Schwerpunkte setzen.
Sally Kneeshaw
„Ich freue mich besonders über die Möglichkeiten, die das Jahr 2020 bietet, um unser Verständnis von geschlechtergerechten Städten zu verbessern. Denn die Aktionsplanungs-Netzwerke gehen dieses Thema aus verschiedenen städtischen Blickwinkeln an. Wir haben 2019 schon viel Vorarbeit geleistet, mit der Veröffentlichung unseres Berichtes zu geschlechtergerechten Städten. Darauf können wir jetzt aufbauen, indem wir alle neuen Netzwerke bitten, Fragen der Geschlechtergerechtigkeit gleich von Anfang an mitzudenken, auch in ihren lokalen Arbeitsgruppen.
Niemand kennt alle Antworten. Aber wir haben jetzt 203 Städte in unseren 23 Netzwerken, die alle neue Überlegungen und Ideen entwickeln. Das gibt uns ein unschätzbares Wissen darüber, wie wir Aufgaben mit einem „Gender“-Blick bewältigen können. Wir werden auch Tipps vom neuen Netzwerk GenderedLandscape bekommen, das die schwedische Stadt Umea leitet. Die Partner untersuchen, wie sich eine Ungerechtigkeit der Geschlechter auf lokaler Ebene zeigt und was Städte tun können, um dem entgegenzuwirken.
Ich freue mich auch sehr auf die nächste URBACT Summer University im Juli 2020 in Dubrovnik für die neuen Aktionsplanungsnetzwerke. Das ist immer eine großartige Veranstaltung, sehr energiegeladen und unglaublich hilfreich, um Kompetenzen und Fachwissen aufzubauen. Zusammen mit dem Team haben wir schon jetzt alle Hände voll zu tun, das Programm zu konzipieren und eine interaktive und inspirierende Agenda auf die Beine zu stellen, bei der alle mehr über integrierte und partizipative Stadtentwicklungskonzepte à la URBACT lernen können.
Ivan Tosics
Eines meiner Schwerpunktthemen sind Metropolregionen. Deshalb freue ich mich sehr auf die Ergebnisse des Aktionsplanungsnetzwerkes RiConnect, das von Barcelona federführend koordiniert wird. Es ist ein Netzwerk von Metropolen, die gemeinsam untersuchen, wie man Mobilitätsinfrastrukturen neu denken kann. Im Fokus stehen dabei eine bessere Verbindung der Quartiere und das Nutzen von Möglichkeiten für die Stadterneuerung. Insbesondere interessiert mich, wie man die Räume des lokalen Wohnungsmarktes ausweiten kann, zum Beispiel indem man den öffentlichen Nahverkehr integriert gestaltet und die Ticketpreise unabhängiger von der Entfernung festsetzt.
Außerdem bin ich gespannt auf die Ergebnisse der Netzwerke, die sich mit Governance und Teilhabe beschäftigen oder mit Partizipationsplattformen arbeiten. ActiveCitizen zum Beispiel, koordiniert von der französischen Stadt Agen, untersucht Fragen rund um die Balance zwischen repräsentativer und partizipativer Demokratie. Zu viele Beteiligungsinitiativen dienen immer noch mehr als Lippenbekenntnis als dass sie wirkliches partizipatives Regierungshandeln sind. Hoffentlich kann das Netzwerk zeigen, dass Partizipation viel mehr ist als das.
Ich freue mich zudem auf die Ergebnisse der Transfer-Netzwerke um zu sehen, wie sie es geschafft haben, komplexe gute Praxisbeispiele erfolgreich auf andere Städte zu übertragen.
Eddy Adams
2020 ist ein wichtiges Jahr für das URBACT-Programm. Denn wir werden hoffentlich mehr Klarheit darüber bekommen, wie genau die Rahmenbedingungen für europäische Stadtentwicklungspolitik nach 2020 aussehen werden. URBACT hat eine Reihe von „City Labs“ durchgeführt, die mit ihren Ergebnissen zur Gestaltung der neuen Leipzig-Charta beitragen. Außerdem machen wir Druck auf die Europäische Kommission, damit wir mehr Details dazu erhalten, wie Städte künftig direkt in Entscheidungsprozesse eingebunden werden können.
2020 ist auch ein großes Jahr für die Transfer-Netzwerke und ihre Ergebnisse. Wir erwarten eine Reihe an Veranstaltungen, bei denen wir mehr über die guten Praxisbeispiele hören werden und vor allem darüber, wie es die Städte in den Netzwerken geschafft haben, diese in ihren eigenen Kontext zu übertragen. Insbesondere freue ich mich über einige Innovationen im kleinen Maßstab, von denen ich weiß, und darauf, wie sie ihre Ideen in verschiedenen Zusammenhängen in die Praxis umsetzen.
Für die neue Generation der Aktionsplanungs-Netzwerke ist es meiner Meinung nach ein aufregender Schritt, dass sie das Jahr 2020 für kleine experimentelle Pilotaktionen nutzen können. Ich glaube, daraus können wertvolle Erfahrungen entstehen. Die Ergebnisse sind auch eine Inspiration für URBACT. Sie zeigen, was alles mit kleinen Maßnahmen auf lokaler Ebene entstehen kann.
Laura Collini
Es freut mich sehr, dass URBACT jetzt zum ersten Mal ein Netzwerk zum Thema Obdachlosigkeit hat und ich werde diese Arbeit 2020 sehr genau verfolgen: Das ROOF Aktionsplanungs-Netzwerk, federführend koordiniert von der belgischen Stadt Ghent, kam auf als ein Ergebnis unserer Arbeit für die Partnerschaft „Städtische Armut“ im Rahmen der Urban Agenda for the EU und auf Grundlage eines City Labs, das wir Ende 2018 in Paris organisiert hatten.
Wir arbeiten momentan auch gemeinsam mit dem Förderprogramm „Urban Innovative Actions“ an einer gemeinsamen Aktivität zum Thema Wohnen. Ziel ist es, Fachwissen über kommunale Programme auszutauschen, die ein Recht auf Wohnen umsetzen möchten. Insbesondere geht es dabei um Modelle, die aus zivilgesellschaftlichen Initiativen entstehen, wie etwa Kooperationen und gemeinschaftliche, nicht-gewinnorientierte Eigentumsformen, genauso wie „Niemand-zurücklassen“-Modelle, die die schwächsten Mitglieder unserer Gemeinschaft unterstützen, ebenso wie faire Finanzierungsmodelle.
Ich bin auch wirklich gespannt darauf, welche Empfehlungen und Erkenntnisse wir 2020 aus den Themenbereichen Bildung, Migration, Anti-Diskriminierung und Integration von ethnischen Minderheiten werden ziehen können. Diese werden in verschiedenen URBACT Transfer-Netzwerken bearbeitet, nämlich in Rumourless Cities, OnStage, ON BOARD und Volunteering Cities.
Marcelline Bonneau
Mich freut, dass das Thema Kreislaufwirtschaft bei URBACT im Jahr 2020 ganz besonders im Vordergrund steht. Wir haben zwei neue Aktionsplanungs-Netzwerke, die sich mit diesem Thema beschäftigen: Resourceful Cities und URGE.
Resourceful Cities, federführend koordiniert von Den Haag, stellt die „nächste Generation“ von städtischen Ressourcenzentren in den Vordergrund, die Abfallprodukte wiederverwenden und so Materialkreisläufe auf lokaler Ebene schaffen. Es wird interessant sein zu sehen, wie solche Ressourcenzentren in städtische Strategien eingebunden werden können, denn das berührt viele Aspekte: Entsorgung, Bürgerbeteiligung und Verhaltensänderungen. URGE, das von der niederländischen Stadt Utrecht geleitet wird, konzentriert sich speziell auf die Wiederverwendung von Baustoffen.
Auch einige der Transfer-Netzwerke beschäftigen sich mit Kreislaufaspekten. Bei Tropa Verde überträgt die spanische Stadt Santiago de Compostela ihren Ansatz, wie man die Bürgerinnen und Bürger zum Wiederverwenden und Recyceln animieren kann, auf die Partner im Netzwerk. Und die französische Kleinstadt Mouans-Sartoux transferiert in BioCanteens ihre Praxis für nachhaltige, lokale Ernährung und die Reduzierung von Lebensmittelabfällen auf die Partner.
Ania Rok
Ich freue mich sehr, dass mit den neuen Aktionsplanungs-Netzwerken Umwelt zu einem gewichtigeren Thema bei URBACT geworden ist. Netzwerke, die sich speziell auf Kreislaufwirtschaft und Klimafragen konzentrieren, sind neu bei URBACT. Wir können eine Schlüsselrolle spielen, wenn es darum geht, gute Beispiele und Erkenntnisse zu teilen. Dabei kann man sowohl von den erfahrenden Großstädten lernen, aber auch von kleineren Kommunen, die unter ganz anderen Rahmenbedingungen arbeiten. Eine besondere Herausforderung ist dies für Städte aus Mitgliedstaaten, in denen der Klimaschutz auf der nationalen Ebene keine große Rolle spielt.
Mich interessieren außerdem die Fortschritte von ZeroCarbonCities, das von Manchester federführend koordiniert wird. Dieses Aktionsplanungs-Netzwerk konzentriert sich auf Klimaschutzmaßnahmen. Dabei geht es insbesondere darum, städtische Ziele zur CO2-Reduzierung festzulegen und damit zur strategischen Vision der EU beizutragen, 2050 klimaneutral zu sein.
Ich möchte zudem noch TourismFriendlyCities erwähnen. Dieses Netzwerk wird von Genua geleitet und ist ein großartiges Beispiel dafür, wie URBACT entscheidende städtische Themen angeht, die bei anderen Förderprogrammen durch die Maschen fallen. Bei diesem Aktionsplanungs-Netzwerk geht es um viele soziale, wirtschaftliche und Umweltaspekte, die entscheidenden Einfluss auf die nachhaltige Nutzung von lokalen Ressourcen und auf die Entsorgung haben. Dazu zählen z. B. bezahlbares Wohnen, Sicherheit und Gefahrenabwehr, Arbeitsplätze, lokale Wirtschaft und ein nachhaltiger Umgang mit der Umwelt.
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