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„Konkrete Zuweisung von Verantwortlichkeiten für den CO2-Ausstoß“

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09 January 2020
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Interview mit Florian Unger von der Stadt Frankfurt am Main zum URBACT-Netzwerk ZCC

Das URBACT-Netzwerk Zero Carbon Cities (ZCC) hat im September 2019 unter Federführung von Manchester seine Arbeit aufgenommen. Auch das Energiereferat der Stadt Frankfurt am Main ist neben fünf weiteren Partnern beteiligt. Wie der Name schon sagt, ist es das Ziel der Netzwerkstädte, den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß bis spätestens 2050 auf weitestgehend null zu reduzieren. Dafür möchten die Städte in ihrem jeweiligen kommunalen Kontext ein CO2-Budget etablieren oder weiter ausbauen. Ein solches Budget zeigt unter anderem auf, wie viel Kohlendioxid die Menschheit (oder in diesem Fall: die Stadt) noch ausstoßen kann, wenn sie die Erwärmung auf maximal zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen will. Florian Unger vom Energiereferat der Stadt Frankfurt am Main erzählt im Gespräch, was die Vorteile des CO2-Budgets sind und welche Maßnahmen die Stadt Frankfurt am Main im Rahmen von URBACT anstoßen möchte.

Was sind die Schwerpunkte von ZCC?

Unser Lead Partner, die Stadt Manchester, hat ein CO2-Budget entwickelt. Der entscheidende Punkt dabei ist, dass dieses Budget den verschiedenen Akteuren in der Stadt konkret Verantwortlichkeiten für die CO2-Emmissionen zuweist. Dies soll Manchester dabei unterstützen, die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen. Im Rahmen von ZCC möchten wir parallel in Frankfurt am Main ein solches CO2-Budget für unsere Stadt entwickeln. Dabei ist es vor allem wichtig, dass der Klimaschutzgedanke in den Köpfen und in der Planung integriert wird und dass sich die verschiedenen Akteure eindeutig zum Erreichen der Klimaziele bekennen.

Wie funktioniert ein städtisches CO2-Budget?

Das CO2-Budget zählt alle territorial bezogenen Emissionen, die energiebezogen sind, also den Ausstoß von Kohle, Gas (u.a.) in Frankfurt am Main. Damit wird der Beitrag aller Bereiche zu den Klimaschutzzielen erfasst: Haushalte, Gewerbe, Industrie und Verkehr. Der Vorteil des CO2-Budgets ist es, dass einzelne Ressorts der Stadtverwaltung eher dazu bewegt werden können, ihre Einflussmöglichkeiten zum Erreichen der kommunalen Klimaschutzziele wahrzunehmen. Früher betraf das vor allem die klassischen Umweltbereiche in den Kommunen. Mit der Etablierung eines kommunalen CO2-Budgets wird der Versuch gestartet, möglichst alle Sektoren abzudecken. Dazu gehört auch, dass man weiß, wie viel Kohlenstoffdioxid wo anfällt und wie man es reduzieren kann. Auch die privaten Unternehmen in Frankfurt sollen mit diesem Konzept angesprochen und eingebunden werden, schließlich tragen sie maßgeblich zum CO2-Ausstoß bei. Ein Ziel in diesem Prozess könnte es sein, mit den Stakeholdern eine Art Vereinbarung abzuschließen, die festlegt, bis wann man welche Reduzierung von CO2-Ausstoß erreicht haben könnte.

Wie läuft die Arbeit im Netzwerk bislang?

Alle Netzwerk-Städte sind an unterschiedlichen Punkten: Wir haben alle schon eigene Pläne entwickelt und versuchen jetzt gerade, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Wir in Frankfurt sind relativ weit: Wir wurden von 2012 bis 2016 als „Masterplan Kommune“ gefördert, darauf bauen wir jetzt auf: die Masterplan-Städte haben sich verpflichtet, bis 2050 quasi klimaneutral zu sein und den Endenergie-Verbrauch um 50 Prozent zu reduzieren. Dafür erhielten wir vom Bundesumweltministerium eine vierjährige Finanzierung und wissenschaftliche Unterstützung. Wir wollen unseren damals entstandenen Masterplan nun im Rahmen des URBACT-Projektes weiter konkretisieren und Maßnahmenziele mit den Partnern in der Stadt verhandeln. Vom Stand der Entwicklung her steht uns dabei der Lead Partner Manchester am nächsten.

Inwiefern profitieren Sie vom europäischen Austausch im Netzwerk?

Generell wollen wir bei der Konkretisierung des Masterplans wegkommen von reinen Zahlen, sondern lieber konkret vereinbaren, welche Verpflichtung zur Umsetzung die einzelnen Akteure haben. Dabei hilft es uns, methodisch zu schauen, wie die anderen Netzwerkpartner da vorgehen, wie sie mit ihren Stakeholdern umgehen und sie in diesen Gesamtprozess einbinden.

URBACT dient uns außerdem in Frankfurt am Main als Argumentationshilfe, nach dem Motto: „Wir beschäftigen uns mit diesem Thema intensiv auf europäischer Ebene, also nehmt es auch hier vor Ort wichtiger.“ Dabei hilft auch der Vergleich zu den anderen Städten, das erzeugt einen positiven Vergleich, um das Thema vor Ort weiter voranzutreiben.

Wie ordnet sich das URBATC-Projekt in Ihre gesamtstädtische Strategie ein?

Zum einen natürlich über den benannten Masterplan 100 % Klimaschutz. Der wird verquickt und untermauert mit einer erweiterten Strategie. Darin ist festgelegt, was wir verhandeln wollen. Zudem basiert die lokale Kerngruppe, die wir im Rahmen des URBACT-Netzwerkes aufbauen müssen („URBACT Local Group”), auf dem bereits bestehenden Klimaschutzbeirat. Darin vertreten sind Energieversorger, Industrieunternehmen, Infrastrukturbetriebe, der Flughafen, Betreiber von Industrieparks, kommunale Betriebe, Bürgergenossenschaften und viele weitere gesellschaftliche Akteure der Stadtgesellschaft. Für unsere Arbeit im URBACT-Netzwerk konzentrieren wir uns vor allem auf die Entscheidungsträger aus der Gruppe.

Gab es bislang Schwierigkeiten bei der Netzwerkarbeit?

Die Stadtverwaltung kann an vielen Punkten in Bezug auf das Thema Klimaschutz oftmals nicht so schnell reagieren, auch weil die politischen Rahmenbedingungen dafür noch nicht geschaffen wurden. Dies ist jedoch eine Erwartungshaltung, die an uns gestellt wird, dass wir schneller sind. Was den Verwaltungsprozess angeht, so müssen wir uns in Bezug auf das Thema Klimaschutz noch besser mit den anderen Ämtern abstimmen und das Thema dort stärker verankern. Aus diesem Grund verfolgen wir im Rahmen von URBACT auch den Ansatz des CO2-Budgets. Für dessen Umsetzung müssen in Frankfurt am Main noch Mehrheiten gefunden werden. Aus diesem Grund handelt es sich hierbei auch um eine politische Aufgabe, die wir versuchen wollen zu unterstützen.

Bildnachweis: Titelfoto Energiewende: © lassedesignen, fotolia.com / Porträtfoto Florian Unger: © privat

Netzwerk: ZCC - Zero Carbon Cities  
Typ: Aktionsplanungsnetzwerk
Lead Partner: Manchester (UK)
Lead Experte: Kinga Kovacs, Energy Cities
Weitere Partner: Frankfurt am Main, Vilvoorde (Belgien), Zadar (Kroatien), Bistrity (Rumänien), Modena (Italien), Tartu (Estland)
Weitere Informationen: https://energy-cities.eu/seven-cities-on-a-zero-carbon-journey/