URBACT-Städte wollen auch den nationalen Austausch forcieren
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22 May 2019Beim URBACT Campus in Magdeburg diskutierten fünf deutsche Städte ihre Erfahrungen in den Transfernetzwerken und ihre administrativen und inhaltlichen Herausforderungen in der Netzwerkarbeit. Das Ergebnis: Trotz oder gerade wegen der unterschiedlichen inhaltlichen Fragestellungen der deutschen Partner bietet der nationale Austausch innovative Lösungsansätze und ist damit eine wertvolle Ergänzung zum internationalen Transferprozess.
Am 10. und 11. April 2019 trafen sich Vertreter aus Altena, Hamburg-Altona, Chemnitz, Gelsenkirchen und Magdeburg zum URBACT Campus im KUBUS 2025 in Magdeburg. Bei dem Workshop ging es darum, die Städte in ihrem Lernprozess zu unterstützen: Sie alle nehmen an URBACT-Transfernetzwerken teil, bei denen verschiedene europäische Städte zusammenarbeiten. Die koordinierende Stadt jedes Netzwerkes bietet dabei jeweils eine „Good Practice“, also ein gutes Beispiel der Stadtentwicklung, das sie bereits erfolgreich umgesetzt hat. Die Partner des Netzwerkes adaptieren dieses im Verlauf der Projektlaufzeit und passen es auf ihren eigenen Kontext an (Transferprozess). Bei der zweitägigen Veranstaltung, die das URBACT-Sekretariat konzipiert und die Nationale URBACT Informationsstelle für Deutschland und Österreich organisiert hatte, ging es nun darum, sich erstmals nicht transnational und Netzwerk-intern, sondern auf nationaler Ebene mit anderen deutschen Städten auszutauschen. Entsprechende Campus-Veranstaltungen finden auch in allen anderen europäischen Mitgliedstaaten statt.
Moderiert wurde der Campus von den URBACT-Experten Maria Joao Rauch und Nils Scheffler. Sie stellten Methoden und Werkzeuge zum Wissenstransfer vor, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam spielerisch testeten. Dabei ging es zum Beispiel darum, wichtige lokale Akteure zu identifizieren und einzubinden, die Kommunikation zu verbessern und mit innovativen Methoden wie Handyvideos zu bereichern oder in der Gruppe konstruktiv zusammenzuarbeiten. Die Städtevertreter kamen dabei aus sehr unterschiedlichen Bereichen:
Deutsche Partnerstädte und ihre URBACT-Transfernetzwerke:
- Altena: Leadpartner und Good-Practice-Stadt im Netzwerk Re-growCity: Schrumpfungsprozesse in Kleinstädten aufhalten /Partner und Transferstadt im Netzwer VOLUNTEERING CITIES: Ehrenamtliches Engagement in der Stadtgesellschaft nutzen und die Menschen in ihrer Freiwilligenarbeit unterstützten.
- Chemnitz: Leadpartner und Good-Practice-Stadt im Netzwerk ALT/ BAU (Alternative Building Activation Units): Altbauten in benachteiligten Stadtviertel aufzuwerten und wieder in Nutzung bringen
- Gelsenkirchen: Partner und Transferstadt im Netzwerk C-CHANGE: Die Anpassung an den Klimawandel mit Kunst und kreativen Methoden voranbringen
- Hamburg-Altona: Partner und Transferstadt im Netzwerk RUMOURLESS CITIES: Eine offene Stadtgesellschaft befördern und Gerüchten gegenüber benachteiligten Gruppen wie Migranten Einhalt gebieten.
- Magdeburg: Partner und Transferstadt im Netzwerk WELCOMING INTERNATIONAL TALENT: Internationale Fachkräfte, vor allem im Hochschulbereich, in die Stadt holen und dort halten
Trotzdem hatte der Workshop für die Teilnehmer einen großen Mehrwert und ergänzte den Wissenstransfer mit den internationalen Partnern. Denn die kulturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen gleichen sich auf nationaler Ebene deutlich mehr als im internationalen Kontext. Als die Teilnehmer über ihre größten „Transferbarrieren“ diskutierten, zeigte sich zum Beispiel, dass es bei der Einbindung der lokalen Akteure vor Ort oder bei der finanziell-administrativen Integration von URBACT in die kommunale Haushaltsplanung sehr vergleichbare Probleme gibt – egal ob sich das Netzwerk mit der Aufwertung alter Bausubstanz, dem Beitrag der Kulturschaffenden zum Klimaschutz oder Integration und Fachkräftegewinnung beschäftigt. Je nach thematischem Hintergrund wurden diese Herausforderungen von den Städten strategisch unterschiedlich angegangen. Im Falle der Einbindung der lokalen Akteure in die von allen Städten geforderte URBACT-Arbeitsgruppe („URBACT Local Group“, ULG) hoben manche eher die lokalpolitische Bedeutung einer solchen Gruppe hervor. In anderen Städten dagegen standen der Prozess der Gruppenbildung und die thematische Ausgestaltung der einzelnen AG-Treffen mehr im Vordergrund. Die „ULGs“ sind ein Kern des partizipativen URBACT-Gedankens, da die Stakeholder vor Ort so in die Erarbeitung des jeweiligen Konzeptes eingebunden werden.
Vor dem Hintergrund der positiven Eindrücke vom URBACT Campus verständigten sich die Vertreter der URBACT-Städte und der Nationalen URBACT Informationsstelle darauf, den Austausch auf nationaler Ebene fortzusetzen. Insbesondere gemeinsame Trainings für die Anwendung von Methoden, Strategien oder auch von digitalen Instrumenten halten die Anwesenden für hilfreich. Zudem stößt auch die Kombination dieser Trainings mit Exkursionen in den deutschen URBACT-Städten auf großes Interesse. So können die Partner vor Ort sehen, wo die Probleme der anderen Städte liegen und wie sie damit umgehen und sich so Inspirationen für ihre eigenen „Baustellen“ holen. Dies wurde in Magdeburg bereits in Ansätzen erprobt: Zwar gab es keine Exkursion, dafür aber einen Vortrag zur Bewerbung der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt als europäische Kulturhauptstadt 2025. Nach dem Vortrag ergab sich eine rege Diskussion mit den Netzwerkteilnehmern, von denen viele direkte Schnittstellen mit Kulturhauptstadtbewerbungen haben (Chemnitz bewirbt sich ebenfalls für 2025, Gelsenkirchen war als Teil des Ruhrgebiets Kulturhauptstadt im Rahmen von RUHR.2010). Zudem fand der Campus im KUBUS gleich neben der Klosterkirche statt. Dieser „Glaswürfel“ dient der Stadt Magdeburg als öffentlicher Ort des kreativen Austauschs und der Diskussion im Zuge der Bewerbung als europäische Kulturhauptstadt 2025.
Schließlich bleibt der Bedarf zum Austausch über das First-Level-Controlling (Rechnungsprüfung zu URBACT-Aktivitäten in den Partnerstädten selbst) unter den deutschen Partnern hoch: Die rechtlichen Kontexte sind hier international höchst unterschiedlich. Umso wichtiger ist es, sich hierzu mit den anderen deutschen Kommunen auszutauschen und voneinander gute Tipps zu erhalten.
Die Vertiefung des nationalen Dialogs der deutschen Transfernetzwerkpartner ist bereits in Planung und für Herbst 2019 vorgesehen.
Submitted by Hauke Meyer on