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Stadtentwicklungspolitik und die Rolle von URBACT in Deutschland und Österreich

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04 August 2016
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Die Umsetzung einer nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklungspolitik nimmt in Deutschland und Österreich eine zentrale Stellung ein. Unterstützt wird dies mit Instrumenten wie der Nationalen Städtebauförderung oder durch die Europäischen Strukturfonds. Städte beider Nachbarstaaten stehen in engem Kontakt und tauschen sich im Rahmen von Netzwerken regelmäßig zu Fragen der Stadtentwicklung und Förderung aus. Beim URBACT-Programm haben beide Länder eine gemeinsame Nationale Informationsstelle.

Berlin

Deutsche Stadtentwicklungspolitik

In Deutschland ist die Nationale Stadtentwicklungspolitik eine Gemeinschaftsinitiative von Bund, Ländern und Kommunen. Sie orientiert sich an den Zielen der LEIPZIG CHARTA zur nachhaltigen europäischen Stadt. Zudem bezieht sie zahlreiche Akteure aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Verbänden, Stiftungen und Wissenschaft ein. Inhaltlich basiert die Stadtentwicklungspolitik auf den sechs zentralen Handlungsfeldern Zivilgesellschaft, sozialer Zusammenhalt, Wirtschaftsentwicklung, Klimaschutz, Baukultur und Regionalisierung. Instrumente sind die Programme der Städtebauförderung, Pilotprojekte sowie viele andere öffentlichkeitswirksame Formate.

Zusätzlich wird die europäische Förderpolitik zur Unterstützung der nachhaltigen Stadtentwicklung genutzt. 13 Prozent des EFRE-Anteils in den Operationellen Programmen der Bundesländer sind in der Förderperiode 2014 bis 2020 für Belange der Stadtentwicklung vorgesehen, das entspricht einem Betrag von 1,5 Milliarden Euro. Für soziale Maßnahmen gibt es das Bundesprogramm BIWAQ (Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier). Darin werden Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) für Projekte bereitgestellt, die sich in den Gebieten der Sozialen Stadt der Armutsbekämpfung, sozialer Integration und Weiterbildungsmaßnahmen sowie der Stärkung von lokaler Wirtschaft widmen. Mittel für den Wohnungsbau sind von der EFRE-Förderung in Deutschland nach wie vor weitgehend ausgeschlossen.

Österreichische Stadtentwicklungspolitik

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Österreich keine explizite nationale Stadtentwicklungspolitik. Raumordnung und Raumplanung werden in Österreich von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden wahrgenommen. Dafür bilden Landesgesetze die gesetzliche Grundlage. Die Umsetzung der Raumplanung vor Ort fällt nach dem Bundesverfassungsgesetz in den Wirkungsbereich der Gemeinden.

Schon in den 1960er Jahren wurde Raumplanung als gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden erkannt. Dies führte im Jahre 1971 zur Gründung der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK). Die ÖROK dient der Zusammenarbeit der genannten Gebietskörperschaften. Eine der Hauptaufgaben ist die Erarbeitung und Weiterführung des Österreichischen Raumentwicklungskonzeptes (ÖREK). Das ÖREK ist ein strategisches Steuerungsinstrument. Es ist gemeinsames Leitbild und Handlungsprogramm auf gesamtstaatlicher Ebene für raumrelevante Planungen und Maßnahmen von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden. Das aktuelle ÖREK wurde 2011 veröffentlicht. Die darin enthaltenen Handlungsvorschläge werden in sogenannten „ÖREK-Partnerschaften“ umgesetzt. Das sind verschiedene Arbeitsgruppen, wie zum Beispiel die „Kooperationsplattform Stadtregionen“ unter Federführung des Österreichischen Städtebundes.

Auch die europäische Förderpolitik wird zur Unterstützung der nachhaltigen Stadtentwicklung genutzt: Im nationalen EFRE-Programm finden sich für einzelne Bundesländer Maßnahmen zur Förderung der nachhaltigen Stadtentwicklung und der Stadt-Umland-Entwicklung. Auf nationaler Ebene fördert das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie den Bereich Smart Cities mit dem Programm „Stadt der Zukunft“, das die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft abwickelt. Zudem gibt es eine Smart-City-Initiative des Klima- und Energiefonds.

Herausforderungen für Städte in Deutschland und Österreich

Deutschland hat eine dezentrale Struktur, die Metropolregionen, Großstädte sowie eine Vielzahl mittelgroßer und kleiner Städte umfasst. Diese bestimmen als Wirtschafts-, Versorgungs- und Arbeitsmarktzentren die regionale Entwicklung in Deutschland wesentlich mit. Die meisten der 77 deutschen Großstädte verzeichnen seit einem Jahrzehnt steigende Einwohnerzahlen. Auch die Landeshauptstädte in Österreich haben eine jährliche Wachstumsrate von mehr als zehn Prozent. Die Hauptstadt Wien weist mit 1,8 Millionen die höchste Einwohnerzahl auf, gefolgt von Graz (274.000), Linz (200.000) und Salzburg (152.000). Mit Ausnahme der Landeshauptstädte sind die meisten österreichischen Kommunen Klein- oder Mittelstädte. 65 Prozent der Österreicher leben in städtischen Gebieten.

Sowohl in Deutschland als auch in Österreich hat der Zuzug in die Ballungsräume bereits zu Engpässen auf dem Wohnungsmarkt und steigenden Mieten geführt. Damit die Daseinsvorsorge auch in strukturschwachen oder ländlichen Räumen gewährleistet werden kann, sind zudem verstärkte Stadt-Land-Kooperationen notwendig. Eine weitere Herausforderung der nächsten Jahre ist in Österreich die Entwicklung von Strategien für „smarte“ Städte und Regionen. In Deutschland liegt ein wichtiger Fokus auf der Energiewende, dem demografischen Wandel, dem sozialen Zusammenhalt und der Zuwanderung.

Netzwerke

Die Städte der Nachbarstaaten stehen in engem Kontakt. Bestes Beispiel dafür ist das seit 20 Jahren bestehende Deutsch-Österreichische URBAN-Netzwerk. Es unterstützt deutsche und österreichische Städte bei der Umsetzung von städtischen Entwicklungsmaßnahmen, die aus den EU-Strukturfonds finanziert werden. In halbjährigen Netzwerktreffen tauschen sich die Mitglieder aus. Neben den Mitgliedstädten sind auch die zuständigen Fachministerien des Bundes und der Bundesländer sowie die Europäische Kommission in die Netzwerkaktivitäten eingebunden. Das Netzwerk fördert den Dialog zwischen Vertretern der europäischen, der nationalen, der regionalen und der städtischen Ebene und nimmt somit auch Einfluss auf den politischen Entscheidungsprozess.

Weitere wichtige deutsche Netzwerke im Bereich der Stadtentwicklung sind der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund und die Konferenz der für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Bundesländer. In Österreich sind dies der Österreichische Städtebund, als kommunale Interessensvertretung von insgesamt 248 Städten und größeren Gemeinden, sowie die Städte der Smart-Cities-Initiative. Zudem sind beide Staaten im Rat der Gemeinden und Regionen Europas aktiv.

URBACT in Deutschland und Österreich

In Deutschland ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit für das URBACT-Programm zuständig. In Österreich übernimmt diese Rolle das Bundeskanzleramt. Der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V. mit Sitz in Berlin und Brüssel übernimmt die Schnittstellenfunktion zwischen den Bundesinstitutionen, dem URBACT-Sekretariat und den Projektakteuren. Als Nationale URBACT-Informationsstelle (National URBACT Point – NUP) ist er ein wichtiger Ansprechpartner insbesondere für die teilnehmenden Netzwerkstädte. Der „NUP“ leistet eine umfangreiche Informations- und Öffentlichkeitsarbeit. Dabei versteht er sich als nationaler Botschafter des URBACT-Programmes für alle Akteure der integrierten nachhaltigen Stadtentwicklung in Deutschland und Österreich. Die Informationsstelle kommuniziert neue Projektaufrufe, berät zu Fragen der Antragstellung, organisiert Informationsveranstaltungen und trägt die Ergebnisse aus den URBACT-Projekten an die Fachöffentlichkeit. Die Arbeit erfolgt hierbei in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle der Österreichischen Raumordnungskonferenz. Diese bringt österreichische Perspektiven ein und steht den österreichischen Städten als erster Ansprechpartner zur Verfügung. Neben der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit möchte die NUP-Informationsstelle insbesondere den übergreifenden Dialog auf nationaler Ebene fördern.