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Stadtentwicklung im Rahmen des EFRE auf Prüfstand für 2021: „Cities in Article 7“

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05 May 2017
Read time: 3 minutes

Duisburg nimmt am URBACT-Umsetzungsnetzwerk CIA7 teil:

Gespräch mit Brigitte Grandt von der Entwicklungsgesellschaft Duisburg

Im Projekt Cities in Article 7, oder kurz CIA 7 geht es, wie der Titel schon sagt, um Städte, die gemäß dem Artikel 7 der aktuellen EFRE-Verordnung nachhaltige Stadtentwicklungsvorhaben umsetzen. Hintergrund ist, dass die Bedeutung der Städte für die Verwirklichung der Strategie Europa 2020 in der EU-Förderperiode 2014-2020 erheblich gestärkt worden ist: Die Mitgliedstaaten sind unter anderem laut dem Artikel 7 der Verordnung verpflichtet, fünf Prozent der Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), die ihnen auf nationaler Ebene zugewiesen wurden, für die Förderung von integrierten nachhaltigen Stadtentwicklungsstrategien vorzusehen. „Bei CIA7 gibt es kein durchgängiges gemeinsames Thema, gemeinsam ist den Netzwerkstädten nur die Umsetzung des Artikels 7. Es geht darum, wie die verschiedenen Kommunen Governance-Strukturen aufbauen und Förderinstrumente nutzen. So können wir vergleichen, was in den unterschiedlichen Mitgliedstaaten gut oder schlecht läuft“, erklärt Brigitte Grandt von der Entwicklungsgesellschaft Duisburg.

Was steht bei Ihnen in Duisburg im Zentrum der Artikel 7-Umsetzung?

Manche unserer Partnerstädte setzen ITIs (Integrierte Territoriale Investitionen) um, Duisburg dagegen arbeitet auf der Grundlage einer Mischachse für nachhaltige Quartiersentwicklung, die im Operationellen Programm (OP) für Nordrhein-Westfalen festgelegt ist („Starke Menschen, starke Quartiere – SQSM“). Armutsbekämpfung und Prävention sind in unserem OP in NRW bereits als Schwerpunkte festgelegt. Das kommt uns mit unseren Herausforderungen zu Gute:

In Duisburg stehen die beiden Stadtteile Marxloh und Hochfeld im Zentrum. Beide sind strukturschwach, für beide gibt es integrierte Handlungskonzepte, Ziele und Maßnahmenbündel, die mit unterschiedlichen Fördermitteln aus dem EFRE und dem Europäischen Sozialfonds ESF umgesetzt werden. Beide Stadtteile sind schon lang im nationalen Förderprogramm „Soziale Stadt“ und waren bereits auf dem Weg der Verstetigung. Mit der Südosterweiterung 2007 kam aber eine große Welle von 4.300 Armutsflüchtlingen nach Hochfeld. In Marxloh hat diese Welle erst später eingesetzt, innerhalb der vergangenen drei Jahre kamen 4.550 Menschen in den gerade erst stabilisierten Stadtteil. Die meisten haben einen anderen kulturellen Hintergrund, sehr viele Roma sind darunter, viele sind niedrig oder gar nicht qualifiziert. Parallel dazu kamen auch viele Flüchtlinge. Einen Niedriglohnsektor gibt es hier aber nicht mehr. Duisburg war eine schrumpfende Stadt, die Einwohnerzahl war zeitweise schon unter 480.000 gefallen, jetzt haben wir wieder über 500.000 Einwohner in Duisburg. Die Stadt hatte bereits begonnen Infrastruktureinrichtungen zu reduzieren, jetzt müssen wieder Kindergärten und Schulen gebaut werden. Unsere Schwerpunktziele bei SQSM liegen in den Bereichen Bildung und Integration: Jeden Monat kommen 100 neue Kinder in die Schulen der Stadtteile. In Hochfeld werden wir im Rahmen des Programms zum Beispiel ein neues Jugendzentrum und eine Stadtteilschule bauen, in Marxloh den „Campus Grillo“.

Was ist das Besondere an den Umsetzungs-Netzwerken?

Anders als bei den Aktionsplanungs-Netzwerken gibt das URBACT-Programm bei den Umsetzungsnetzwerken sieben Herausforderungen (Challenges) vor, von denen jedes Netzwerk mindestens drei verpflichtend angehen muss: „Integrierter Ansatz“, „Einbezug der Stakeholder“ sowie „Indikatoren und Monitoring“. In CIA7 setzen wir außerdem noch den Schwerpunkt „Von der Strategie zur Umsetzung“ um. Weitere Challenges, die man hätte wählen können, sind „Auftragsvergabe“, „Finanzierung“ und „Öffentlich-Private-Partnerschaften“, daran wollten aber immer nur wenige Städte unseres Netzwerkes arbeiten. Die Themen können aber gegebenenfalls bei den Seminaren bearbeitet werden, die vom URBACT-Sekretariat in Paris angeboten werden. Daran wären dann auch Partner aus anderen URBACT-Umsetzungsnetzwerken beteiligt.

Bei den Umsetzungsnetzwerken gibt zudem es eine sehr starke Begleitung durch URBACT – nicht nur der Lead Partner und Lead Experte, sondern auch die Partner arbeiten auf Programmebene mit. Das ist eine ganz neue Form der Zusammenarbeit mit dem URBACT-Sekretariat. Ich sehe das positiv. Allerdings haben Lead Partner und Lead Experte bei dieser Direkt-Kommunikation häufig den gleich Wissensstand wie die Partner. Dies erschwert die zielgerichtete Vorbereitung der netzwerkinternen Arbeit. Zudem wäre es gut, wenn die Projektlaufzeit ein halbes Jahr länger wäre, also drei Jahre, wie bei den anderen beiden Netzwerk-Typen auch. Die meisten unserer Partner-Städte sind momentan erst bei der Auswahl der Projekte, die umgesetzt werden sollen. Wir fangen in Marxloh und Hochfeld beispielsweise auch erst jetzt mit der Ausarbeitung der Einzelprojektanträge an. Schön wäre es, wenn man im Rahmen des Netzwerkes auch wirklich etwas in die Umsetzung bekommt, was dann am Ende der URBACT-Laufzeit als Ergebnis sichtbar wird.

Pausquartier mit StadtteilschuleWas bringt die Netzwerk-Teilnahme für Duisburg und Nordrhein-Westfalen?

Für Duisburg und das Land NRW, das unsere Teilnahme ja unterstützt, ist CIA7 beispielsweise wichtig für die Planung der nächsten EU-Förderperiode ab 2021. Wir schauen auf verschiedenen Regierungs-Ebenen, wie die Umsetzung von Stadtentwicklungsvorhaben im Rahmen der EU-Strukturfonds läuft, wie Städte und Regionen damit umgehen: Wie läuft es auf Länderebene? Dafür haben wir unser NRW-Netzwerk z.B. das Städtenetz Soziale Stadt. Wie läuft es auf nationaler Ebene? Das diskutieren wir im Deutsch-Österreichischen URBAN-Netzwerk. Wie läuft es auf europäischer Ebene? Das können wir im Rahmen des URBACT-Projekts CIA7 erforschen.

Bei CIA7 können wir schauen, was die anderen Artikel 7-Städte anders machen: Welche anderen Instrumente haben sie genutzt, bzw. welche haben sie einfach anders eingesetzt? Einige NRW-Städte, auch Duisburg, dachten zum Beispiel, dass die Integrierten Territorialen Investitionen (ITI) sehr gut sind, eine verlässliche Schnittstelle für ESF- und EFRE-Mittel. Letzten Endes kommen sie jetzt in NRW nicht zum Einsatz, weil wir im aktuellen OP eine Mischachse festgelegt haben. Aber wir sind neugierig, wie ITIs funktionieren, ob sich dieses Instrument in der nächsten Förderperiode auch für uns eigenen würde, oder ob wir mit unserer Mischachse auf dem richtigen, vielleicht in der Umsetzung einfacheren, Weg sind.

Ein weiterer Vorteil von URBACT ist, dass wir im Rahmen von CIA7 verlässliche Kooperationen aufbauen können, das führt eventuell sogar zur Initiierung gemeinsamer Projekte, zum Beispiel im Rahmen des ESF. Das bietet sich natürlich vor allem bei Städten an, die auch mit einem Sozialraumbezug arbeiten, wie zum Beispiel Lille, das auch die Lead-Partnerschaft bei CIA7 innehat.

Cities in Article 7 (CIA7) – URBACT-Umsetzungs-Netzwerk

Lead Expertin: Dr. Petra Potz
Lead Partner: Lille, Frankreich
Weitere Partner:

  • Duisburg (Deutschland)
  • Olomouc (Tschechische Republik)
  • Lublin (Polen)
  • Larissa (Griechenland)
  • Bari (Italien)
  • Pesaro (Italien)
  • Sevilla (Spanien)

    Bildnachweis: EGDU Duisburg