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Rückblick auf die rumänische EU-Ratspräsidentschaft – was hat sich in der Stadtentwicklungspolitik auf EU-Ebene bewegt?

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06 August 2019
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Im Juli 2019 hat Finnland die EU-Ratspräsidentschaft angetreten, in Nachfolge der Rumänen. Angesichts dessen sprach Jamie Mackay mit Camelia Coporan, der stellvertretenden Generalsekretärin im Ministerium für Regionalentwicklung und öffentliche Verwaltung Rumäniens über die rumänische EU-Ratspräsidentschaft, die Vorteile transnationaler Städtenetzwerke und darüber, wie eine lebendige territoriale Zusammenarbeit zur Bewältigung der Klimakrise beitragen kann.

Wenn Sie auf die letzten sechs Monate der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft zurückblicken, was sind dann in Ihren Augen die größten Errungenschaften für Städte?

Unser größter Erfolg war, dass wir die Fortführung der interregionalen Programme für die Förderperiode 2021 bis 2027 sicherstellen konnten. Das ist eine große Chance für europäische Städte, weiterhin Netzwerkarbeit zu betreiben, die Zusammenarbeit zu intensivieren und Erfahrungen auszutauschen. Alles mit dem Ziel, die Stadtentwicklungspolitik zu verbessern, wobei die Methoden und Governance-Prozesse aus dem URBACT-Programm genutzt werden.

Was sind die größten Herausforderungen, denen rumänische Städte heutzutage gegenüberstehen? Inwieweit ähneln bzw. unterscheiden sie sich von denen auf Gesamt-EU-Ebene?

Nach einer schwierigen wirtschaftlichen Übergangsphase kämpfen kleine und mittelgroße Städte in Rumänien damit, eine Identität zu finden und Anschluss an die modernen Entwicklungen zu halten. Die Unterschiede, insbesondere zu westeuropäischen Städten, sind nicht nur ökonomischer Natur, sondern zeigen sich auch darin, dass die Stadtentwicklungspolitik hier sich schwer damit tut, die Menschen an die erste Stelle zu setzen. Rumänische Städte brauchen Inspiration aus ganz Europa oder eine Bestätigung ihrer Ideen von anderen Städten mit den gleichen Herausforderungen. Für uns ist das Lernen voneinander durch gemeinsame Erfahrungen und Experimente überlebenswichtig, wobei neue informelle Prozesse und einfallsreiche Lösungsansätze eine wichtige Rolle spielen.

Das URBACT Monitoring Committee hat sich dieses Jahr in Alba Iulia getroffen. Wie kam es zu dieser Standortentscheidung?

Alba Iulia ist nicht nur eine rumänische Stadt, sondern hat auch eine der eindrucksvollsten Erfolgsgeschichten in ganz Osteuropa zu bieten. URBACT und die Strukturfonds haben dazu beigetragen, dass die Zitadelle Alba Carolina restauriert und der historische Stadtkern umgebaut werden konnte. Das hat die Stadt zu einem der beliebtesten Touristenziele in Rumänien gemacht, mit mehr als 500.000 Besuchern im Jahr. Durch diesen Prozess wurde ein wirtschaftliches Umfeld geschaffen, in dem lokale Unternehmer ihr Gewerbe entwickeln und Arbeitsplätze schaffen können. Alba Iulia ist auch der erste rumänische Lead Partner, den es jemals beim URBACT-Programm gab. Deshalb wollten wir diesen Erfolg mit der Sitzung des Monitoring Committees hervorheben.

 

Welche anderen städtischen Pilotansätze gab es in Rumänien in den vergangenen Jahren?

Es gibt viele Beispiele von guten Projekten, an denen rumänische Städte beteiligt sind. Slatina hat eine langfristige Strategie entwickelt, um die Straßen in der Stadt von Müll zu befreien und die Menschen zur Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zu motivieren. Dank der Teilnahme am URBACT-Netzwerk CityMobilNet haben sie eine lokale Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, um ihr nachhaltiges Mobilitätskonzept fertigzustellen. Zudem hat die Stadt EU-Förderung bekommen um eine Flotte an Hybridbussen aufzubauen.

Ein weiteres Beispiel ist Baia Mare. Diese Kommune gestaltet ihre Wirtschaft um, weg von der industriellen Fertigung hin zu Dienstleistungen und Handarbeit. Als Teil des URBACT-Netwerkes BootInno hat die Stadt mit einem neuen Instrument experimentiert, das dazu beitragen soll, das bürgerschaftliche Engagement zu steigern, angefangen mit einem eigenen Budget für Beteiligung.

Ich möchte auch Cluj-Napoca erwähnen, die erste osteuropäische Stadt, die Förderung durch das Urban Innovative Actions-Programm erhält. Das 5,6 Millionen-Euro-Projekt zielt darauf ab, Szenarien zu analysieren und zu testen, die es sowohl dem kulturellen, akademischen, dem Geschäfts- und dem Verwaltungssektor als auch der Allgemeinheit generell möglich machen, sich auf unvermeidbare Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt einzustellen, die in den nächsten 20 Jahren unvermeidlich auf uns zukommen werden.

Die finnische EU-Ratspräsidentschaft hat gerade erst ihr Programm veröffentlicht. Eine ihrer Prioritäten – zusammen mit Sicherheit, sozialer Integration und einer stärkeren Gemeinwohlorientierung – ist es, die EU weiterhin als globalen Anführung bei den Klimawandel-Maßnahmen zu positionieren. Welche Rolle können Städte in diesem Prozess spielen?

55 Prozent aller Menschen leben in städtischen Gebieten, wo sie für ungefähr 70 Prozent des jährlichen CO2-Ausstoßes verantwortlich sind. Städte tragen deshalb entscheidend zum Klimawandel bei. Gleichzeitig haben Städte die Macht, die Welt zu verändern. Es ist wichtig, dass Entscheidungsträger aller Ebenen anerkennen, dass wir wirklich einer Umweltkatastrophe gegenüberstehen. Das Motto unserer Präsidentschaft war Kohäsion als gemeinsamer europäischer Wert. Wir haben das deshalb ausgewählt, weil wir unsere Überzeugung deutlich machen wollten, dass Kohäsion für Europa ein genauso wichtiger Begriff ist wie Wettbewerbsfähigkeit. Die Politik der europäischen territorialen Zusammenarbeit, die wir vertreten, kann gleichzeitig Vertrauen zwischen Städten aufbauen. Das wird essentiell sein, um unter anderem dem Klimawandel zu begegnen.

Zum englischen Originalartikel