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„EU-Projekte sind immer auch Katalysatoren“

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17 December 2019
Read time: 2 minutes

Gespräch mit Janine Lehmann von der Stadt Magdeburg zum URBACT-Netzwerk „Welcoming International Talent“

Hochschulen und die wissensbasierte Wirtschaft müssen sich heute im globalen Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte behaupten. Europäische Großstädte haben es dabei meistens leicht, Studierende, Akademiker und Wissenschaftler mit ihrem Ruf und ihrem Angebot zu gewinnen. Mittelstädte wie Magdeburg dagegen müssen sich politische Strategien überlegen, um fachlichen Nachwuchs anzuwerben und ihn langfristig auf dem lokalen Arbeitsmarkt zu halten. Im URBACT Transfer-Netzwerk “Welcoming International Talent” überträgt die niederländische Best-Practice-Stadt Groningen ihre Willkommenspolitik für internationale Studierende und Fachkräfte auf die Partnerstädte. Janine Lehmann von der Stadt Magdeburg erzählt im Interview, wie die Hochschul- und Landeshauptstadt vom Transfer profitiert, was die Herausforderungen sind und welche Maßnahmen vor Ort durch URBACT angestoßen werden sollen.

Mit welcher Ausgangssituation sind Sie in Magdeburg in das URBACT-Netzwerk gestartet?

Wir bringen einige Erfahrungen im URBACT-Programm mit, daher fiel uns die Entscheidung auch leicht, im Projekt „Welcoming International Talent“ mitzuwirken. Zudem hatten wir uns bereits mit dem thematischen Schwerpunkt des Projektes beschäftigt und in diesem Zusammenhang auch den Leadpartner Groningen kennengelernt. Im Fall von „Welcoming International Talent“ erhoffen wir uns Anregungen und Impulse für den Umgang mit internationalen Talenten.   

Die Herausforderung bei der Umsetzung der Ziele unseres URBACT-Projektes besteht vor allem darin, dass ganz unterschiedliche Projektpartner zusammenarbeiten müssen, wie die Universität oder die Stadtverwaltung. Dabei treffen unterschiedliche Strukturen und Mentalitäten aufeinander.

Welche Ziele möchten Sie im Rahmen von URBACT speziell für Magdeburg erreichen?

„Welcoming International Talent“ beschäftigt sich mit der Frage, wie Internationalisierung gelingen kann. Wie geht man mit internationalen Fachkräften um? Wie kann man den Aufenthalt, die Integration und die Motivation zum Bleiben verbessern? Dabei wollen wir von den Netzwerkpartnern lernen und uns austauschen. Wie machen das die anderen Städte? Was können wir adaptieren? So ein EU-Projekt ist gleichzeitig auch immer ein Katalysator und bringt den manchmal notwendigen Druck, das Projekt endlich anzupacken und umzusetzen. 

Welchen Mehrwert haben Sie bislang vom europäischen Austausch mit den anderen Städten Ihres Netzwerkes?

Dieser Austausch mit europäischen Partnern und Gleichgesinnten ist enorm hilfreich. Wir haben ja alle das gleiche Projektziel: den Umgang mit internationalen Talenten verbessern. Da ist der eine Projektpartner etwas weiter als der andere. Aber in der Sache arbeiten wir alle am gleichen Thema und können uns gegenseitig unterstützen. So interessiert uns vor allem, wie Groningen das „Welcome Center“ aufgebaut hat oder über eine Vereinbarung sämtliche Partner mit ins Boot geholt hat. Es ist aber auch beeindruckend zu sehen, wie sich die Partner in Debrecen (Ungarn) oder im polnischen Bielsko Biala auf den Weg machen, um internationale Talente zu gewinnen und zu fördern. So ein Blick über den eigenen Tellerrand tut immer gut.

Was ist Ihre Bilanz zur bisherigen Projektlaufzeit? Was läuft gut, wo gibt es noch Luft nach oben?

Das Jahr 2019 war geprägt von den transnationalen Meetings. Bis zum Ende des Jahres fanden fünf der sieben Treffen statt. Das war eine ganze Menge. Aber diese „Schlagzahl“ hat auch geholfen, dass das Thema immer präsent geblieben ist. In der lokalen Magdeburger Arbeitsgruppe zum Thema („URBACT Local Group“) haben wir uns mittlerweile gefunden. Hier müssen wir immer wieder nachjustieren und überprüfen, ob wir alle richtigen Partner mit an Bord haben. Im September 2019 waren wir Gastgeber für das transnationale Meeting. Die Vorbereitungen dazu haben gezeigt, dass wir weitere Partner auf lokaler Ebene einbinden müssen. 

Transfer-Netzwerke gab es bislang bei URBACT nicht. Was sind die Herausforderungen beim Übertragen des guten Beispiels der Lead-Partner-Stadt auf Ihren Kontext?

Sicherlich sind die Voraussetzungen in Groningen andere als in Magdeburg und nicht alles ist eins zu eins adaptierbar. Aber wir erhalten wichtige Anregungen und Hinweise. Wir sind von der Größe und dem Profil her ähnlich. Das ist bei der Identifikation der Problemstellungen hilfreich. Aber rechtliche Grundlagen und Zuständigkeiten sind dann doch wieder unterschiedlich. So übernimmt Groningen mit dem „Welcome Center North“ Aufgaben für die gesamte Region. Es wäre bei uns unvorstellbar, dass Magdeburg Leistungen aus dem BürgerService für die gesamte Region übernimmt. Das ist bei uns dann doch alles in Landkreisen und Stadtgrenzen geregelt. Auch sind die Hierarchien in den Niederlanden flacher und der Umgang miteinander manchmal weniger kompliziert. Zumindest ist das unser Eindruck.

Wie ordnet sich URBACT in Ihre gesamtstädtische Strategie ein? Ist bereits absehbar, was nach URBACT kommt?

Thematisch ist „Welcoming International Talent“ ein Baustein im Integrationskonzept der Landeshauptstadt Magdeburg, an dem derzeit ämterübergreifend gearbeitet wird. Auch im Integrierten Stadtentwicklungskonzept ist Internationalisierung ein Thema. Hier versuchen wir, das Projekt zu positionieren.

Eines unserer Ziele im Projekt „Welcoming International Talent“ ist ja die Konzeption für ein „Welcome Center“ für internationale Studierende, Wissenschaftler und Fachkräfte. Eventuell gibt es für die Realisierung und Erstausstattung einen Fördertopf. Der Betrieb soll aber möglichst nachhaltig ohne Fördermittel betrieben werden. Dafür prüfen wir derzeit verschiedene Möglichkeiten. 

Bildnachweis: Titelbild: Studieren an der OVUG, Copyright Stefan Berger / Porträtfoto: Janine Lehmann, Stadt Magdeburg, Copyright: Privat

Netzwerk: Welcoming International Talent
Typ: Transfer-Netzwerk
Lead Partner: Groningen (NL)
Lead Experte: Willem van Winden (https://www.urbaniq.nl/ und https://urbact.eu/users/willem-van-winden )
Weitere Partner: Bielsko-Biala (PL), Debrecen (HU), Leuven (BE), Magdeburg (DE), Parma (IT), Zlín (CZ)
Weitere Informationen:

Twitter: https://twitter.com/UrbactWIT