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ALT/BAU –Wiederbelebung von Gründerzeitgebäuden in Chemnitz ist Vorbild für europäische Partner

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10 September 2018
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Am 3. und 4. September 2018 fand das Auftakt-Treffen des URBACT-Transfernetzwerks ALT/BAU in Chemnitz statt. Dabei tauschten sich die europäischen Partner über die zukünftige Zusammenarbeit im Rahmen von URBACT aus und sahen sich gute Beispiele der Altbausanierung und Zwischennutzung leerstehender Gebäude vor Ort an. Gastgeber waren die Stadt Chemnitz und ihre Agentur StadtWohnen. Sie werden als koordinierender „Leadpartner“ ihre vorbildlichen praktischen Erfahrungen mit der Wiederbelebung von stadtbildprägenden Wohngebäuden in den nächsten zwei Jahren an die Netzwerkpartner weitergeben.

Die Agentur StadtWohnen Chemnitz vernetzt mit großem Engagement Immobilienbesitzer, Behörden und potenzielle Investoren und hat so bereits mehr als hundert Wohngebäude seit 2011 vor dem Verfall gerettet. Hierzu sammelte die Agentur in der Trägerschaft der Westsächsischen Gesellschaft für Stadterneuerung zunächst umfängliche Informationen zum Gebäudebestand in Chemnitz sowie zu dessen Zustand. Über die Jahre etablierte sie sich immer mehr als gut vernetzter und auskunftsfähiger Ansprechpartner für Investoren oder Hausbesitzer. Die Erfolgsstory der Revitalisierung von verfallenden historischen Wohngebäuden – noch dazu in einer Stadt, deren Bevölkerungszahl erst seit kurzem nicht mehr schrumpft – brachte der Agentur bereits im Frühjahr 2017 eine Auszeichnung als „URBACT Good Practice City“ ein. Als federführender Partner des URBACT-Transfernetzwerks ALT/BAU (Alternative Building Activation Units) bekommt die Agentur StadtWohnen Chemnitz nun die Chance, ihre gesammelten Erfahrungen an sechs europäische Städte aus Belgien, Lettland, Polen, Rumänien und Spanien weiterzugeben. Gleichzeitig bietet das Netzwerk der sächsischen Großstadt die Chance, sich selbst durch die Rahmenbedingungen, Herausforderungen und Konzepte der anderen Netzwerkpartner inspirieren zu lassen.

Vorstellung von Sanierungsvorhaben im ehemaligen Arbeiterviertel Sonnenberg

Am 3. und 4. September 2018 kamen die Partner von ALT/BAU nun erstmals in Chemnitz zusammen, um nach der Netzwerkfindungsphase den intensiven inhaltlichen Austausch einzuleiten. Ein Ziel war dabei, den Gästen einen anschaulichen Einblick in die gute Praxis der StadtWohnen Chemnitz zu geben. Dazu dienten vor allem die Besuche von fünf in der Sanierung befindlichen Gebäuden im Quartier Sonnenberg, dessen Entwicklung und Sanierung für die Stadt Chemnitz eine besondere Herausforderung darstellt. In dem historischen Arbeiterviertel machte sich nach der Wiedervereinigung und dem darauffolgenden Zerfall der ostdeutschen Industrie zunehmend Wohnungsleerstand breit. Auch heute stehen trotz der direkten Nähe zur Innenstadt noch 28 Prozent der Wohnungen in Sonnenberg leer. Die fünf Baustellenbesichtigungen zeigten jedoch, wie durch das Engagement von StadtWohnen auch für stark sanierungsbedürftige Altbauten in einem sozialschwachen Viertel Investoren mit kreativen und nachhaltigen Konzepten gefunden werden können.

Ihre Ideen und Motive erklärten die Investoren direkt vor Ort. Diese reichen von hochwertigen Kernsanierungen ganzer Häuserblocks bis hin zu einem Aquaponik-Konzept, bei dem die Aufzucht von Fischen und die Kultivierung von Nutzpflanzen über mehrere Stockwerke eines Hauses mit eingestürzten Decken in einem Kreislaufsystem ineinandergreifen. Dabei wurde stets herausgestellt, wie die StadtWohnen Chemnitz die Investoren, Hausbesitzer und Behörden zusammengebracht und so zu einer Realisierung der auf dem ersten Blick äußerst ambitionierten Projekte beigetragen hat.

Unterschiedliche Herausforderungen in den Partnerstädten

Neben den Exkursionen sollten sich alle Netzwerkpartner natürlich auch gegenseitig kennenlernen und die spezifischen Herausforderungen und lokalen Kontexte der anderen verstehen. Hierbei wurde schnell klar, dass die verschiedenen Partnerstädte jeweils unterschiedliche Interessen aber auch Erfahrungen einbringen. Im polnischen Rybnik erhofft man sich beispielsweise, Lösungen für den zunehmenden Leerstand in den Wohnungen über den Ladenfronten der Innenstadt zu finden. Die italienische Metropolregion Turin dagegen kämpft mit leerstehenden Plattenbauten in Randbezirken, in denen zuvor die schrumpfende Belegschaft der nahegelegenen Fabrik des Autoherstellers FIAT wohnte.

Diese Beispiele verdeutlichen die größte Herausforderung des Transfernetzwerks in den nächsten zwei Jahren: Der Mehrwert des Projektes für die Netzwerkpartner wird vor allem davon abhängen, wie gut es ihnen gelingt, trotz der unterschiedlichen Ausgangssituationen Synergien zu schaffen, wechselseitig voneinander zu profitieren und die Chemnitzer Beispiele an ihren eigenen Kontext anzupassen. Der Grundstein hierfür wurde am zweiten Tag des Treffens gelegt: Der begleitende Lead Experte Nils Scheffler gab den Städten in einer produktiven Workshop-Atmosphäre eine Einführung in die  Bereiche Administration, Organisation und Wissenstransfer eines URBACT-Netzwerkes. Die Partner tauschten sich intensiv über angestrebte Aktivitäten, Ziele und Ergebnisse aus. Der Grundstein für ein erfolgreiches URBACT-Transfernetzwerk wurde also gelegt und wir blicken mit Spannung auf die Entwicklung von ALT/BAU in den nächsten zwei Jahren.

Gemeinsam mit ALT/BAU haben im Frühsommer 24 weitere URBACT Transfer-Netzwerke ihre Arbeit aufgenommen. Im Gegensatz zu den URBACT-Netzwerktypen „Aktionsplanung“ (Erarbeitung Stadtentwicklungskonzept) und „Umsetzung“ (Erarbeitung Konzept zur Umsetzung eines bestehenden Aktionsplanes) liegt der Fokus bei den Transfer-Netzwerken auf der Adaption eines vorbildlichen Beispiels der Leadpartner-Stadt auf die anderen teilnehmenden Partnerkommunen.

 

© Fotos – Hauke Meyer, DV