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Neun Wege zu einem nachhaltigen Tourismus: Die Integrierten Handlungskonzepte des „Tourism Friendly Cities“-Netzwerks

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01 July 2022
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Wie kann eine Stadt die unvermeidlich widersprüchlichen Bedürfnisse ihrer Einwohner:innen und ihrer Tourist:innen in Einklang bringen? Kann der Tourismus ein zukunftsfähiger lokaler Wirtschaftszweig sein, der als Impulsgeber für Nachhaltigkeit, Wohlstand und den Abbau von Ungleichheiten dient? Wie können wir die aus der Pandemie gezogenen Lehren wirklich umsetzen? Die Suche nach gemeinsamen Antworten auf diese Fragen steht im Mittelpunkt des URBACT-Netzwerks „Tourism Friendly Cities“. Zwischen September 2019 und August 2022 arbeiten die Partnerstädte, die alle UNESCO Weltkulturerbe-Status haben, an dem Thema, zusammen mit Akteur:innen aus Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen, Hochschulen und öffentlichen Einrichtungen.

Ein Integriertes Handlungskonzept ist das Hauptergebnis aller Städte, die an einem URBACT-Aktionsplanungsnetzwerk teilnehmen – etwa dem „Tourism Friendly Cities“-Netzwerk. Darin legt jede Stadt die lokalen Maßnahmen fest, mit denen sie das Thema angehen möchte, um das es im jeweiligen Netzwerk geht – wie in unserem Beispiel einen zukunftsfähigen Tourismus. Beim Erarbeiten ihrer lokalen Entwicklungsstrategie greifen die Städte auf die URBACT-Methode zurück. Diese beruht auf den Grundsätzen des integrierten, sektorübergreifenden Arbeitens, der Partizipation und des maßnahmenorientierten Lernens. Im Folgenden beschreiben wir neun strategische Ausrichtungen, die die Partnerstädte des „Tourism Friendly Cities“-Netzwerks für ihre integrierten Handlungskonzepte zum nachhaltigen Tourismus gewählt haben:

1. Genua: Mit widersprüchlichen Visionen zum Wirtschaftswachstum umgehen

Die italienische Stadt Genua hat in den letzten Jahrzehnten einen tiefgreifenden Wandel durchlaufen und strategisch in die Wiederbelebung ihres kulturellen Erbes investiert. In ihrer jüngsten Geschichte waren die Stahlindustrie und der Seehafen der größte Wirtschaftsfaktor der Stadt. Nach und nach wurde jedoch auch der Tourismus zu einem immer wichtigeren Bestandteil der lokalen Wirtschaft. Das Wachstum des Tourismusbereichs führte aber auch zu Spannungen mit den Anwohner:innen und beschleunigte den Prozess der Gentrifizierung von Teilen der Altstadt. Daher konzentriert sich das integrierte Handlungskonzept von Genua auf die gemeinsame Erarbeitung einer ausgewogenen Tourismusstrategie, die sowohl von den Einwohner:innenn als auch von der Tourismusbranche mitgetragen wird. Um dies zu erreichen, hat die lokale Unterstützungsgruppe von Genua (URBACT Local Group, ULG) für die nächsten Jahre ein umfangreiches Paket von Maßnahmen und Projekten in drei zentralen Aktionsbereichen festgelegt:

(1) Sensibilisierung der städtischen Akteure auch für die negativen Auswirkungen des Tourismus. Dadurch sollen die Einwohner:innen ermutigt werden, „Botschafter:innen“ ihrer Stadt zu werden und Besucher:innen zu zeigen, wie sie den Ort als Einheimische erleben, um so die Beeinträchtigungen für sich selbst durch Tourist:innen auf ein Minimum zu beschränken.

(2) Verbesserung der städtischen Infrastrukturen, von Wohnungen, Tourist:innenenunterkünften, städtischer Mobilität bis hin zur Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums. Entscheidend ist immer, in Angebote zu investieren, die nicht nur den Tourist:innen, sondern auch den Einwohner:innen zugutekommen. In diesem Zusammenhang baut Genua auch auf die bewährte Praxis der Tourismussteuer, bei der ein Teil der eingenommenen Gelder für öffentliche Maßnahmen vorgesehen ist.

(3) Die Tourismusbranche zu mehr Innovation anregen. Dazu gehört die Entwicklung neuer touristische Angebote, wie z. B. Naturtourismus, die das bestehende Angebot diversifizieren, sowie die verstärkte Nutzung digitaler Tools und Gamification-Methoden zur Förderung eines nachhaltigen Verhaltens der Tourist:innen.

2: Braga: Bewusstseinsbildung auf internationaler Ebene

Die portugiesische Stadt Braga wurde bereits zurEuropean Best Destination 2021gekürt und möchte ihre internationale Wahrnehmung ändern, die immer noch hauptsächlich mit dem religiösen Tourismus verbunden ist. Obwohl die Stadt Braga in der Lage wäre, ihr touristisches Angebot zu verbreitern, hat sie sich dafür entschieden, ein Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen von Tourist:innen und Einwohner:innen aufrechtzuerhalten. Deswegen arbeitet sie aktiv daran, die Fehler anderer Städte aus der Vergangenheit zu vermeiden, die jetzt einen „Übertourismus“ erleben. Die Entwicklung des Integrierten Handlungskonzepts mit Hilfe der URBACT-Methode war der erste Schritt, um eine Multi-Stakeholder-Arbeitsgruppe einzurichten und Maßnahmen mitzugestalten, die das fragile Gleichgewicht des nachhaltigen Tourismus stabilisieren können.

Daher befassen sich die meisten Maßnahmen des integrierten Handlungskonzeptes von Braga im Rahmen des „Tourism Friendly Cities“-Netzwerks mit der Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Stadtbewohner:innen, Tourist:innen und der Tourismusindustrie. Eine Maßnahme wurde bereits im Rahmen einer Pilotaktion (Small Scale Action, SSA) in Braga erprobt: Einheimische wurden geschult, um die Stadt aus Sicht von Tourist:innen zu erleben.

3: Cáceres: Die Aufenthaltszeit von Tourist:innen verlängern

Cáceres liegt im mittleren Westen Spaniens in der autonomen Region Extremadura und hat 96.720 Einwohner:innen. Die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Altstadt zieht immer wieder Besucher:innen für Kurzaufenthalte an. Aufgrund der schlechten Anbindung an wichtige Verkehrsknotenpunkte wie Madrid wird Cáceres manchmal als Reiseziel übersehen. In anderen Fällen besuchen Tourst:innen Cáceres zusammen mit anderen Städten in Extremadura, sodass die Dauer des Besuchs relativ kurz ist. Aus diesem Grund möchte die Stadt die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus fördern, der der lokalen Bevölkerung wirtschaftlich zugutekommt und gleichzeitig deren Bedürfnisse und den Schutz des Kultur- und Naturerbes berücksichtigt.

Konkret sind die wichtigsten strategischen Ziele von Cáceres im Kontext des nachhaltigen Tourismus folgende: (1) Steigerung der Übernachtungszahlen; (2) Verbesserung der Langstreckenverbindungen; (3) Mehr ausländischen Tourismus anziehen; (4) Förderung der ganzjährigen touristischen Nachfrage und (5) Verbesserung der Rentabilität der Wertschöpfungskette. Cáceres hat im Rahmen der gemeinsamen Entwicklung des Integrierten Handelskonzepts eine Pilotmaßnahme zur Unterstützung lokaler Produzent:innen durchgeführt, indem ein Biomarkt im UNESCO-Stadtzentrum organisiert wurde.

4. Druskininkai: Entwicklung eines internationalen nachhaltigen Tourismusziels

Druskininkai im Süden Litauens ist ein Kurort mit Heilbädern, Schlamm- und Klimatherapie. Die Stadt, die sich historisch um ihre Heilbäder herum entwickelt hat, ist ein beliebtes Reiseziel. In den letzten Jahren hat sich die Stadt auch als eine gute Option für die Ansiedlung junger Familien erwiesen, die dem Trubel der Großstadt entfliehen wollen und eine bessere Lebensqualität suchen.

Die Stadt hat kontinuierlich in Maßnahmen gegen die Saisonabhängigkeit der touristischen Nachfrage investiert und dabei beeindruckende Ergebnisse erzielt. Durch den Bau von ganzjährig nutzbaren Einrichtungen, die die Kurorte ergänzen, wie z. B. der Skihalle „Snow Arena“, gibt es in Druskininkai keine nennenswerten Unterschiede bei den Besucherzahlen zwischen Winter- und Sommersaison. Die während der Coronapandemie auferlegten Beschränkungen verringerten die Zahl ausländischer Tourist:innen jedoch erheblich: Sie ging im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 um 77,8 Prozent zurück. In der ersten Jahreshälfte 2021 sank sie um 98,3 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum des Jahres 2019. Der Schwerpunkt des Integrierten Handlungskonzeptes von Druskininkai liegt daher auf der Stärkung des Images und der internationalen Wahrnehmung der Stadt als nachhaltiges und hochwertiges Tourismusziel. Zu diesem Zweck hat die lokale Unterstützungsgruppe der Stadt Druskininkai (URBACT Local Group, ULG) mehrere Schwerpunktbereiche festgelegt, in denen Investitionen für die Einwohner:innen mit internationalen digitalen Marketingplänen zur Tourismusförderung kombiniert werden.

5. Dubrovnik: Schrittweise Veränderungen, um den Übertourismus zu überwinden

Nach der Warnung der UNESCO im Jahr 2016, dass der Status des Weltkulturerbes der Stadt gefährdet sei, ergriff Dubrovnik umfangreiche Maßnahmen, um die negativen Auswirkungen des Tourismus zu bekämpfen. Zu den Maßnahmen gehörten die Beschränkung und Kontrolle der Besucher:innenzahlen in der Altstadt und die Entwicklung des Programms „Respect the City". Das Programm enthält eine Reihe von Leitlinien, die von Tourismusunternehmen, Besucher:innen und Einwohner:innen gleichermaßen zu beachten sind und sich mit Fragen der Lebensqualität der Anwohner:innen, der städtischen Mobilität, der Umwelt sowie des Kultur- und Naturerbes befassen.

Der Tourismus ist jedoch Teil der DNA von Dubrovnik, da die Stadt weithin als „Perle der Adria“ bekannt ist und ein Großteil der lokalen Ökonomie auf diesem Wirtschaftszweig basiert. Aus diesem Grund war die gemeinsame Entwicklung des Integrierten Handlungskonzeptes von Dubrovnik ein dringend notwendiger Prozess, um eine gemeinsame Vision und einen Konsens darüber zu erreichen, wie sich die lokale Wirtschaft nachhaltig entwickeln kann. Dabei wurde auch die Lebensqualität der Einwohner:innen berücksichtigt, insbesondere derjenigen, die nicht im Tourismus tätig sind. Zu diesem Zweck werden sich die im Integrierten Handlungskonzept von Dubrovnik festgelegten Maßnahmen darauf konzentrieren, den Wandel in folgenden drei Schlüsselbereichen zu gewährleisten: (1) Ein nachhaltiges, intelligentes und soziales Mobilitätssystem in Dubrovnik mit einem optimierten Verkehrsfluss auf der Grundlage einer angemessenen Verkehrsinfrastruktur und eines verbesserten und intelligenten Verkehrsmanagements, das den Bedürfnissen von Bürger:innen und Tourist:innen gerecht wird; (2) Transformation in ein nachhaltiges Tourismusziel, das seine Entwicklung partizipativ und agil ausrichtet und sich stark auf die sektorübergreifende und multidisziplinäre Zusammenarbeit stützt; und (3) die Verbesserung der Lebensqualität der Bürger:innen durch die Erhaltung des Natur- und Kulturerbes sowie eine nachhaltige und verantwortungsvolle Entwicklung des Tourismus.

6. Dún Laoghaire: Gemeinsame Marketingstrategie mit der Stadt Dublin

Dun Laoghaire liegt etwa zwölf Kilometer südlich des Dubliner Stadtzentrums und wird vom Dún Laoghaire-Rathdown County Council verwaltet. Neben Dún Laoghaire vertritt dieser Landkreisrat mehr als zwei Dutzend einzigartige und florierende Gebiete. Einige von ihnen sind als Gemeinden und andere als Dörfer anerkannt, aber alle sind dafür bekannt, dass sie den Bewohner:innen eine der höchsten Lebensqualitäten in Irland bieten. Die Nähe zu einer großen Metropole und einem Tourismuszentrum wie Dublin, aber auch der für Ausländer:innen schwer verständlicher Name stellen Dun Laoghaire bei der Entwicklung seiner internationalen Marketingstrategie allerdings vor eine große Herausforderung.

Daher traf der Rathdown County Dún Laoghaire, in dem 218.000 Einwohner:innen leben, die strategische Entscheidung, das vom Irish Tourism Board vorgeschlagene Marketingkonzept zu unterstützen. Dabei sollte das Reiseziel unter dem Namen Dublins beworben werden, aber einem besonderen Schwerpunkt auf den Outdoor-Erlebnissen bieten, die Besucher:innen im Umland von Dublin genießen können. Dieser Ansatz erwies sich als erfolgreich, und eine bedeutende und stabile Anzahl von Besucher:innen entdeckte die wunderschöne Küstenregion. Dies bedeutete jedoch einerseits, dass Übernachtungsbesuche in dem Gebiet recht unwahrscheinlich waren, und andererseits, dass nur die Kleinstädte im Dún Laoghaire Rathdown County mit guter Anbindung an das Dubliner Stadtzentrum von Tourist:innen entdeckt wurden.

Um den Tourismus zu einem tragfähigen und starken Wirtschaftszweig zu machen, möchte Dún Laoghaire daher (1) sicherstellen, dass mehr Besucher:innen aus der Innenstadt von Dublin den Weg nach Dún Laoghaire Rathdown finden und dort eine Vielzahl einzigartiger Orte kennen lernen; (2) die Assoziation von den Küstendörfern mit der Bandbreite an Angeboten verstärken, die sie den Besucher:innen bieten und (3) die Zusammenarbeit zwischen allen wichtigen Akteur:innen fördern, die in der Tourismusentwicklung in Dun Laoghaire tätig sind.

7. Krakau: In die vielfältige Kultur- und Kunstszene vor Ort investieren

Krakau, die zweitgrößte Stadt Polens, ist das ganze Jahr über ein beliebtes Ziel für in- und ausländische Touristen. Die Stadt, die auf eine reiche Geschichte zurückblicken kann und von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde, beherbergt außerdem jedes Jahr fast hundert Festivals und andere weltberühmte Kulturveranstaltungen. Dieses kulturelle Angebot ist jedoch nicht die Hauptattraktion der Stadt, denn vor der Coronapandemie war Krakau auch ein beliebtes Ziel für Wochenendausflüge und Partys. Tatsächlich war es die Entwicklung dieser Art von Tourismus, die zu Beschwerden von Anwohner:innen führte. Darüber hinaus führte der ständige Anstieg der Tourist:innenzahlen dazu, dass die Stadt ab 2019 einen Übertourismus und eine starke Gentrifizierung der Innenstadtbereiche erlebte. Während die Veränderungen durch die Pandemie diese Prozesse verlangsamten, ist die Stadt weiterhin bestrebt, den Tourismus in ein nachhaltiges Modell umzuwandeln und bewusst in die Entwicklung ihrer vielfältigen kulturellen Szene vor Ort zu investieren. So gehört Krakau beispielsweise zu den aktivsten Städten in der europäischen Debatte über die Auswirkungen des Tourismus, insbesondere in Bezug auf die Kurzzeitvermietung, die einen soliden Rechtsrahmen benötigt.

Aus diesem Grund konzentrierte sich das Krakauer Integrierte Handlungskonzept darauf, die strategische Diskussion über die Zukunft des Tourismus mit mehr Interessensgruppen zu eröffnen und neue Wege zu finden, das touristische Ökosystem einzubinden. Das Integrierte Handlungskonzept beschreibt mehrere Maßnahmen, mit denen die Krakauer Unterstützungsgruppe (ULG) überprüfen kann, ob die in den programmatischen Schlüsseldokumenten der Stadt dargelegten strategischen Ziele tatsächlich eingehalten werden. Diese Maßnahmen sind: (1) die Konferenz „Historische Städte", die alle zwei Jahre stattfindet; (2) eine Reihe von Indikatoren für nachhaltigen und verantwortungsvollen Tourismus, die jährlich gemessen werden; (3) die Entwicklung eines Gütesiegels für nachhaltigen Tourismus und (4) eine öffentlich-private Partnerschaft namens „Sustainable Tourism Krakow Lab“.

8. Rovaniemi: Das Naturerbe steht im Vordergrund

Rovaniemi ist die offizielle Heimatstadt des Weihnachtsmanns und eine der größten finnischen Städte in Lappland. Das Reiseziel ist in der Wintersaison äußerst beliebt, denn über 63 Prozent der touristischen Aktivitäten finden in den Wintermonaten statt. Obwohl dieser Polarkreis schon vor der Coronapandemie ein konstantes Wachstum des Tourismus verzeichnete, ist es nicht die Überfüllung, die in Rovaniemi das Problem ist. Vielmehr sind es Themen wie die Mobilität in der Stadt, das Vermieten von Privatwohnungen an Tourist:innen und die durch den Tourismus eingeschränkten Erholungsmöglichkeiten in der Natur, die Anlass zur Sorge geben. Darüber hinaus stellt das zentralisierte finnische System der Steuererhebung die Kommunen vor die Frage, wie sie die Erträge, die durch die Tourist:innen anfallen, selber einnehmen und sie zur besseren Finanzierung der lokalen Bedürfnisse der Einwohner:innen verwenden kann.

Aus diesem Grund hat sich die Unterstützungsgruppe von Rovaniemi auf mehrere mutige Maßnahmen geeinigt, die in das Integrierte Handlungskonzept aufgenommen werden sollen und folgende vier Ziele verfolgen: (1) Verringerung der Begleiterscheinungen der touristischen Hochsaison im Winter; (2) Reduzierung der negativen Folgen des Tourismus auf die arktische Natur und Bekämpfung des Klimawandels; (3) den soziokulturellen Mehrwert des Tourismus stärken (4) Aufbau einer aktiven Gruppe, die sich um die Entwicklung des Tourismusgebiets kümmert. Am wichtigsten ist aber, dass all diese Ziele auf der gemeinsamen Vision beruhen, dass eine nachhaltige Entwicklung des Tourismus nur dann Realität werden kann, wenn die Belastbarkeit der Natur respektiert wird und sowohl Ausgangs- als auch Endpunkt ist.

9. Venedig: Intelligente Lösungen zum Umgang mit Übertourismus

Venedig und seine Lagune, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden, sind seit langem für ihre einzigartige Landschaft bekannt und ziehen auch zahlreiche Tourist:innen an. Der Tourismus ist für die örtliche Wirtschaft von zentraler Bedeutung, denn jeder dritte Beschäftigte ist im Handels- und Tourismussektor tätig. Durch das ständige Tourismuswachstum ist Venedig jedoch auch zu einer internationalen Vorzeigestadt für die negativen Auswirkungen des übermäßigen Tourismus geworden. Insbesondere die Lebensqualität der Bewohner:innen und das Kulturerbe werden dabei in Mitleidenschaft gezogen. Aus diesem Grund hat sich die Stadt in den letzten Jahren sowohl auf lokaler als auch auf internationaler Ebene stark für die Agenda des nachhaltigen Tourismus engagiert. Tatsächlich hat sich die Stadt verpflichtet, ihr gesamtes System im Zusammenhang mit dem Tourismusmanagements zu verändern. Dabei liegt eine Priorität darauf, die Mittel der Stadt so zu verwalten, dass die Einwohner:innen weniger durch touristische Aktivitäten beeinträchtigt werden. So war Venedig eine der ersten Städte, die in den Bereichen Marketing und Kommunikation zu dem Thema innovativ wurde und die immer noch bestehende Kampagne #EnjoyRespectVenezia ins Leben rief.

Das Integrierte Handlungskonzept für Venedig konzentriert sich daher auf die Frage, wie ein größeres Engagement zwischen den Akteur:innen des Tourismus und der Stadt für die Vision eines neuen Modells des nachhaltigen Tourismus für Venedig geschaffen werden kann. Zwei Hauptziele haben dabei Priorität, nämlich: (1) die Steuerung der Tourist:innenströme, um sie mit dem täglichen Leben der Einwohner:innen zu vereinbaren, indem das traditionelle Handwerk und das kulturelle Angebot aufgewertet werden, und (2) die Förderung einer Strategie für die Neugestaltung des touristischen Angebots der Stadt und ihres Festlands. Beide Ansätze stützen sich auf verschiedene Smart-City-Lösungen und den Einsatz innovativer Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen.

Der Artikel basiert auf dem aus dem Englischen übersetzten Artikel „9 ways to support the development of sustainable tourism: understanding the focus of the Integrated Action Plans of the Tourism-friendly-Cities network” von Anamaria Vrabie, Lead Expertin des URBACT-“Tourism Friendly cities”-Netzwerks.