Digitale Tools für Stadtentwicklungsprojekte – ein Überblick
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12 December 2019Der Journalist Jamie Mackay wirft einen Blick auf digitale Tools, die im Rahmen von URBACT zum Einsatz kommen – ein Blick über den Tellerrand. Denn viele dieser Instrumente sind in der kommunalen Praxis in Deutschland und Österreich weit weniger verbreitet als bei einigen unserer europäischen Nachbarn.
Innovationen in der Stadtentwicklung beginnen zuallererst bei den Menschen. Wie stellen sich die Bürgerinnen und Bürger das Zusammenleben der Zukunft vor? Wie schaffen es die Verantwortlichen in der kommunalen Verwaltung, diesen Erwartungen zu entsprechen? Das sind auch Fragen der Organisation, Ambition, Geduld und Flexibilität von Institutionen wie der Stadtverwaltung.
Die Rolle von Online-Tools wird in diesem Zusammenhang noch oft verkannt. Dabei sind sie eine wichtige Hilfe, wenn es darum geht, Prozesse zu steuern und zu moderieren. Hier gilt es, nicht nur die allseits bekannten Systeme im Blick zu haben (E-Mail, Facebook, GoogleDocs etc.). Diese mögen ihre Vorteile haben. Doch oft wird Nutzerfreundlichkeit mit Gewohnheit verwechselt, was bestimmte Denkweisen vorschreibt und Kreativität einschränkt.
In den URBACT-Aktionsplanungsnetzwerken hatten europäische Städte die Chance, mit einer Reihe von alternativen Plattformen, Softwares und Schnittstellen zu Stakeholder-Mapping, Raumanalyse, Budgetierung, Brainstorming und vielem mehr zu experimentieren. Nachfolgend finden Sie eine Auswahl dieser Tools, die im Rahmen vom URBACT III-Programm zum Einsatz kamen.
Projektmanagement-Tools
Bei der Fülle an Projektmanagement-Tools, die es mittlerweile gibt, kann es durchaus überfordern, das passende System für die eigenen Zwecke zu identifizieren. Bei den URBACT-Partnerstädten waren es aber vor allem zwei Management-Tools, die sich als effektiv und einfach im Umgang erwiesen haben. Trello ist besonders intuitiv und benutzerfreundlich. Es erlaubt einen guten Gesamtüberblick über Projektabläufe sowie vor allem über Ziele und Fristen und lässt sich mit Drag&Drop-Funktionen einfach bedienen. Bei langfristigen Projekten mit relativ offenen Zielsetzungen ist Slack eine gute Alternative. Es hilft, Debatten im Projektteam in einen schlüssigen Plan zu übertragen.
Digitale Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger
Oft verbinden wir Innovation in der Stadtentwicklung mit neuen Wegen bei der Einbeziehung der Öffentlichkeit und geben Bürgerinnen und Bürger die Chance, Entscheidungen gemeinsam mit der Kommunalverwaltung und -politik zu entwickeln. Für viele Städte und Institutionen ist das eine neue Herausforderung.
Loomio ist eine Online-Plattform, die gerade zu Beginn eines Prozesses helfen kann, den Brückenschlag zur lokalen Bevölkerung zu meistern. Das Web-basierte Tool ist so transparent aufgebaut und gestaltet, dass es Empathie und gegenseitiges Verständnis zwischen den Nutzerinnen und Nutzern fördert. Die Stadt Düsseldorf und die weiteren Partnerstädte des URBACT-Netzwerks sub>urban, welches sich mit partizipativen Möglichkeiten der Wiederbelebung von Stadtrandgebieten beschäftigte, bewerteten Loomio z.B. bei der Befragung von Bürgerinnen und Bürgern, Debatten und der Organisation von Veranstaltungen als nützlich.
„Stakeholder-Mapping“ – Wer sind meine Ziel- und Anspruchsgruppen?
KUMU ist eine Plattform für Datenvisualisierung. Sie erlaubt ihren BenutzerInnen, komplexe Bezüge zu verbildlichen, sodass sie effektiver analysiert werden können. Einige der URBACT-Städte im BoostInno-Netzwerk nutzten das Tool, um die Beziehungen zwischen ihren verschiedenen Ziel- und Anspruchsgruppen zu verdeutlichen. Doch KUMU geht auch über die schöne Visualisierung hinaus. Es ermöglicht den NutzerInnen, verschiedene Beziehungsebenen zwischen den unterschiedlichen Akteuren zu identifizieren sowie auszumachen, wo neue Kooperationen möglich und sinnvoll wären.
Simulation
Das MIT Media Lab in Boston (USA) verband im Rahmen des City Scope Project eine Reihe von interaktiven Stadtmodellen, mit denen NutzerInnen, gestützt auf einen Algorithmus, Umgestaltungen ihrer Nachbarschaft simulieren können – z.B. Auswirkungen von neuer Wohnbebauung auf den Verkehrsfluss. Die neuesten Versionen dieses Tools nutzen sogenannte Augmented Reality (erweiterte Realität), um mögliche Entwicklungsmaßnahmen per Simulation auf beeindruckende Weise in die „Realität“ zu übertragen. Wie dieses Tool in der Praxis genutzt werden kann, zeigt eine URBACT-Best-Practice aus Hamburg. Dort wurde City Scope genutzt, um im Dialog mit der Bevölkerung Standorte für Unterkünfte von Geflüchteten ausfindig zu machen.
BürgerInnenhaushalte
Eine Initiative innovativer Kommunen in Europa, deren Umsetzung mithilfe von digitalen Tools sich zunehmender Beliebtheit erfreut, sind sogenannte BürgerInnenhaushalte. Diese bezeichnen einen Teilbudget des Haushaltes, für dessen Verwendung Bürgerinnen und Bürger Vorschläge machen können und über diese Vorschläge auch selbst abstimmen. Die unterschiedlichsten Städte Europas, von Paris bis Baia Mare in Rumänien, haben solche BürgerInnenhaushalte erfolgreich mithilfe von einer Online-Datenbank umgesetzt. Die Open-Source-Plattform StanfordPB bietet einen guten Einstieg in dieses Format und wird von einer breiten weltweiten Community getragen.
Datentransfer
Immer mehr Institutionen zeigen, dass sie Datenschutz ernst nehmen, indem sie zum Beispiel verschlüsselte E-Mails nutzen und IP-Adressen verbergen. So soll sichergestellt werden, dass Diskussionen und möglicherweise sensible Daten von schwach regulierten privaten Anbietern ferngehalten werden. Eine der großen Sicherheitslücken in vielen Netzwerken ist der Datentransfer. Das kostenlose Open-Source-Tool Onion Share bietet NutzerInnen die Möglichkeit, unbegrenzt und anonym Daten jeglicher Größe zu empfangen und zu verschicken, ohne dass Dritte einen Zugriff auf die Daten bekommen.
Veranstaltungsplanung
Pathable ist ein bahnbrechendes und häufig übersehenes Software-Tool, mit dem NutzerInnen in weniger als einer Stunde eine mobile App für jedwede Veranstaltung designen und personalisieren können. Dabei können sie Texte, Karten, Wegbeschreibungen, verschiedene Trackings sowie QR-Code-Tickets und Anmeldungsmöglichkeiten nach Belieben hinzufügen. Weitere (kostenpflichtige) Features sind partizipative und sogenannte spielerische „Gamification“-Komponenten, die eine größere Resonanz erzeugen sollen.
Submitted by Hauke Meyer on